Berlin-Film-Katalog

(in Vorbereitung)

Rarität des Monats April 2022

Die Auswahl an Berlin-Filmen, die in den Kinos wie im Fernsehen läuft, wird immer kleiner. Das Filmbild der Stadt wird dementsprechend von immer weniger Werken geprägt. Und immer mehr Berlin-Filme, darunter auch bedeutende, geraten in Vergessenheit.

Deshalb und um zu zeigen, daß Berlin-Film-Katalog nicht nur auf Geld wartet, gibt es den Jour fixe des selten gezeigten Berlin-Films: Seit Juni 2012 wird jeweils am zweiten Montag im Monat im Brotfabrikkino eine Berlin-Film-Rarität präsentiert.

Vom 11.-13. April 2022 jeweils um 18 Uhr lief


Warum die UFOs unseren Salat klauen

BRD 1979/1980 – 91 Min. (2490 m) – 35 mm (1:1,66) – Farbe

Regie: Hansjürgen Pohland. Buch: Heinz Freitag, Hansjürgen Pohland. Kamera: Atze Glanert, Detlef Niedballa. Musik: Kraan. Regieassistenz: Bernd Schadewald, Isabel Goslar. Ton: Rainer Wiehr, Holger Gimpel. Schnitt: Christa Pohland, Karl-Heinz Brandenburg. Ausstattung: Norbert Scherer. Maske: Helga Sander, Gerd Nemetz. Kostüme: Georg Kuhn, Angela Schunk. Requisite: Michael Wuschick, Heinz-Dieter Klimpel. Spezialeffekte: Lothar Tropp. Beleuchtung und Bühne. Hans Höpflinger, Helmut Dietrich, Günter Schulze. Aufnahmeleitung: Stefan Scholtissek, Jo Schäfer.

Darsteller: Tommy Piper, Ursela Monn, Curd Jürgens, Hildegard Knef, Günter Pfitzmann, Pavla Ustinov, Raimund Harmstorf, Ilse Pagé, Alexander Kerst, Beate Hasenau, Henning Venske, Jan George, Gerd Duwner, Kurt Raab, Peter Schlesinger, Joachim Tennstedt, Edgar Froese, Antonia Dauphin, Herbert Fux, Almut Eggert, Klaus Münster, Herbert Weißbach u.v.a.

Produktion: Martin-Häussler-Produktion der CineContor. Produktionsleiter: Thomas Wommer. Herstellungsleitung: Martin Häussler.

Arbeitstitel: „Berlin, Berlin“, „Berliner Ballade II“.

FSK: ab 6, nicht feiertagsfrei.

Uraufführung: 17. April 1980.

Kinostart: 18. April 1980.

Erstverleih: Cinefrance Filmkunst.


Der Berliner Filmemacher Hansjürgen „Jason“ Pohland (1934-2014) spielte vor allem als Produzent und Förderer von Nachwuchstalenten eine herausragende Rolle in der Frühzeit des westdeutschen „Jungfilms“ in der ersten Hälfte der sechziger Jahre. Er schuf aber auch als Regisseur filmhistorisch bedeutende Werke wie 1960/1961 den semidokumentarischen Spielfilm „Tobby“ oder 1966 die allererste Günter-Grass-Adaption „Katz und Maus“.

Ab Ende der sechziger Jahre wurde Pohland in der bundesdeutschen Filmszene jedoch zunehmend an den Rand gedrängt. Es folgte eine für ihn beruflich wie privat eher schwierige Dekade, an deren Ende er sich an der mehrere Millionen Mark teuren Produktion „Warum die UFOs unseren Salat klauen“ versuchte, die damals wie heute hochaktuelle Themen aufgriff und auf ein breites Publikum zielte: Die Öko-, Science-Fiction- und Politsatire dreht sich um eine neue Salatsorte, die durch ihren Energiereichtum in der Lage wäre, die diesbezüglichen Probleme der Menschheit zu lösen. Ihr junger Züchter, eigentlich auf der Suche nach seiner Mutter nach West-Berlin gekommen, kann mit den Gewächsen auch eine schmucke Biobäckereibetreiberin für sich einnehmen, die den Anbau in einer Kleingartenkolonie initiiert, deren Existenz durch einen Baulöwen bedroht ist (Drehort war die heute wieder seit langem bedrohte Schmargendorfer Kolonie Oeynhausen). Allerdings interessieren sich bald auch die Militärs für die Pflanzen, ganz zu schweigen von jenen Außerirdischen, die auf diese traditionell angewiesen sind und das Geschehen auf der Erde aus der Ferne beobachten.

Die starbestückte Produktion wurde von den Medien zunächst viel beachtet und dann von den Kritikern verrissen: „Ist der Ruf erst ruiniert, filmt sich’s völlig ungeniert, mag sich Hansjürgen Pohland gedacht haben, als er sich an diese filmische Katastrophe heranwagte, die mit Klamottengewalt über die verdutzten Zuschauer hereinbricht“, urteilte Lothar Lambert im West-Berliner „Abend“ vom 18. April 1980. „Es ist zu hoffen, daß dieser Film ebenso sang- und klanglos wieder verschwindet, wie er gestartet wurde“, verkündete Bernd Lubowski am darauffolgenden Tag in der „Berliner Morgenpost“. Tatsächlich wurde der Streifen vom Publikum verschmäht, verschwand rasch und auf Jahrzehnte hinaus in den Archiven und avancierte so für sehr lange Zeit zum unerreichbaren Sehnsuchtsobjekt vieler Trashfans: Allein schon Curd Jürgens’ Auftritte, in einem besseren Schlafanzug mit Antenne auf dem Kopf im großen Tropenhaus des Botanischen Gartens sitzend, sind sehenswert.


Unser Flyer zu dieser Rarität. Sie dürfen ihn gern herunterladen, ausdrucken, verteilen oder einrahmen und an die Wand hängen.



Quellen der filmographischen Angaben: Filmlänge, Produktion, FSK, Erstverleih: Filmbeobachter Nr. 9 (Mai 1980). Film- und Bildformat: https://www.filmportal.de/film/warum-die-ufos-unseren-salat-klauen_1f0e7c17e6c54eaa88c3d2c13e881e72 (besucht am1.4.2022). Arbeitstitel: Der Abend vom 15.6.1979, Berliner Morgenpost vom 19.4.1980, Filmbeobachter Nr. 9 (Mai 1980). Uraufführung, Kinostart: Pressematerial des Erstverleihs. Alle anderen Angaben: Originalvor- bzw. -abspann (Drehbuchautor laut Der Abend vom 15.6.1979, im Vorspann keine explizite Angabe zu Regie und Drehbuch, sondern nur „Ein Film von Hansjürgen Pohland“).

Bild: UCM.ONE.