Berlin-Film-Katalog

(in Vorbereitung)

Rarität des Monats September 2020

Die Auswahl an Berlin-Filmen, die in den Kinos wie im Fernsehen läuft, wird immer kleiner. Das Filmbild der Stadt wird dementsprechend von immer weniger Werken geprägt. Und immer mehr Berlin-Filme, darunter auch bedeutende, geraten in Vergessenheit.

Deshalb und um zu zeigen, daß Berlin-Film-Katalog nicht nur auf Geld wartet, gibt es den Jour fixe des selten gezeigten Berlin-Films: Seit Juni 2012 wird jeweils am zweiten Montag im Monat im Brotfabrikkino eine Berlin-Film-Rarität präsentiert.

Vom 11.-15. September 2020 um 18 Uhr lief




Quartett im Bett

BRD 1968 – 92 Min. (2530 m) – 35 mm (1:1,33) – Schwarzweiß

Regie, Buch: Ulrich Schamoni. Kamera: Josef Kaufmann. Musik: Ingo Insterburg, Peter Ehlebracht. Liedtexte: Ingo Insterburg. Kameraassistenz: Gerd Weiss. Regieassistenz: Alexander Ebermayer-von Richthofen. Aufnahmeleitung: Ulrich Höner. Ton: Gert Lemnitz, Rainer Lorenz, Naftali Schönberg.

Darsteller: Johanna, Rosi, Eva und Hannelore Jacob (Die Jacob Sisters), Ingo Insterburg, Jürgen Barz, Peter Ehlebracht, Karl B. Dall (Insterburg & Co.), Andrea Rau (Freundin von Insterburg & Co.), Rainer Basedow (Manager der Jacob Sisters), Dieter Kursawe (Senatsbeamter, Manager von Insterburg & Co.), Guido Weber (Bürgermeister), Rolf Bauer (Referent), Friedrich Schekowski (Präsident), Werner Finck (Verleger), Dagmar Lassander (Grüne Witwe), Annaliese Würtz (Mutter Ehlebracht), Herta Fiedler (Kneipenwirtin), Kurt Neuburger (Dichter), Kurt Mühlenhaupt (Maler), Doris Ramolla (Molli), Peter Koch, Dieter Ahlich, Manfred Renz, Horst Walter (Schläger), Heike Pretzell, Irene Wagner, Christine Ebert (Mädchen).

Eine Peter-Schamoni-Produktion. Produktionsleitung: Pit Schröder.

Drehzeit: 23. Juli bis 13. September 1968.

Erstverleih: Constantin.

Uraufführung: 13. Dezember 1968, Berlin, Cinema Paris.


„Das Verfilmen eines Drehbuchs ist für mich die Reproduktion einer literarischen Vorlage auf Zelluloid. Ich will aber nicht reproduzieren, sondern produzieren.“

Entsprechend dieser Aussage (wiedergegeben in der „Berliner Morgenpost“ vom 29. Januar 1971) ging der 1939 geborene Ulrich Schamoni, der mit „Es“ und „Alle Jahre wieder“ bereits zum wichtigen Vertreter des „Jungen Deutschen Films“ geworden war, bei seinem dritten abendfüllenden Werk „Quartett im Bett“ vor: Nur mit einem groben Konzept ausgestattet, improvisierte er von Juli bis September 1968 an vielen Orten in West-Berlin, ließ sich erst während der Dreharbeiten zu Szenen inspirieren und profitierte davon, daß man damals noch erstaunlich schnell und problemlos Drehgenehmigungen erhielt. Wichtige Mitstreiter bei dieser ungewöhnlichen Arbeitsweise waren der auf Dokumentarfilme und Reportagen spezialisierte Kameramann Josef „Jossi“ Kaufmann und die bedeutende Cutterin Heidi Genée.

Gedacht als Berliner Antwort auf die enorm erfolgreiche Münchner „Gammler“-Komödie „Zur Sache, Schätzchen“, die ebenfalls sein Bruder Peter Schamoni produziert hatte und die Anfang 1968 in die Kinos gekommen war, wollte Ulrich Schamoni die Kreuzberger Alternativszene feiern, welche gerade im Entstehen begriffen war. Dazu kontrastierte er die vier Jacob Sisters – jung, süß, schlank und auf dem Höhepunkt ihrer internationalen Karriere – auf Berlin-Besuch mit den vier Männern von Insterburg & Co. – nach damaligem Verständnis langhaarige Bürgerschrecke –, die zwischen Kneipentouren, Gelegenheitsjobs und Auftritten noch am Anfang ihres Schaffens als Anarcho-Musik-Nonsens-Komiker standen. 

Mit „Quartett im Bett“, in dem er die Grenzen zwischen Dokumentation und Fiktion noch stärker verwischte als in seinen vorherigen Arbeiten, schuf Ulrich Schamoni einen der fröhlichsten und frechsten Berlin-Filme. Vom Leben in der Mauerstadt während des vielverklärten Jahres 1968 dürfte er ein weitaus realistischeres Bild vermitteln als die Agitpropproduktionen hoch politisierten Nachwuchses. Die zeitgenössischen Kritiken erstreckten sich von Begeisterung bis hin zu heftiger Ablehnung. Kaum beachtet wurde auch im Nachhinein: Sämtliche Musiktitel, auch die von den Jacob Sisters vorgetragenen, stammten von Ingo Insterburg (unter gelegentlicher Beteiligung von Peter Ehlebracht).

Wir zeigen den Film, der mit dem Ernst-Lubitsch-Preis ausgezeichnet wurde, in der vor kurzem digital restaurierten Fassung.


Unser Flyer zu dieser Rarität. Sie dürfen ihn gern herunterladen, ausdrucken, verteilen oder einrahmen und an die Wand hängen.

Mehr zu dem Film hier und hier.














Quelle der filmographischen Angaben: Filmlänge: Evangelischer Film-Beobachter Nr. 52 vom 28.12.1968. Filmformat, Darsteller: https://www.schamoni.de/filme/filmliste/quartett-im-bett/ (besucht am 9.8.2020; der Originalvorspann nennt als Darsteller außerdem: Das Berlin-Studio des ZDF – Peter M. Ladiges und sein TV-Team). Stab (außer Musik und Liedtexte): Originalvorspann (dort der Vor­name von Alexander Ebermayer-von Richthofen abgekürzt, vgl. https://www.schamoni.de/filme/filmliste/quartett-im-bett/). Musik und Liedtexte: https://www.filmportal.de/film/quartett-im-bett_aec269d52a634d3fa33a6aa31d4e789f (besucht am 9.8.2020). Drehbeginn: Der Abend vom 24.7.1968. Erstverleih, Drehzeit, Uraufführung: Zeitgenös­sische Unterlagen im Ulrich-Schamoni-Archiv.

Bilder: Schamoni Film & Medien GmbH.