Berlin-Film-Katalog

(in Vorbereitung)

Rarität des Monats Januar 2017

Die Auswahl an Berlin-Filmen, die in den Kinos wie im Fernsehen läuft, wird immer kleiner. Das Filmbild der Stadt wird dementsprechend von immer weniger Werken geprägt. Und immer mehr Berlin-Filme, darunter auch bedeutende, geraten in Vergessenheit.

Deshalb und um zu zeigen, daß Berlin-Film-Katalog nicht nur auf Geld wartet, gibt es den Jour fixe des selten gezeigten Berlin-Films: Seit Juni 2012 wird jeweils am zweiten Montag im Monat im Brotfabrikkino eine Berlin-Film-Rarität präsentiert.

Vom 5.-11. Januar 2017 um 18 Uhr (am 9. in Anwesenheit der Filmemacherinnen Judith Keil und Antje Kruska, des Kameramannes Marcus Winterbauer und der Portraitierten Delia Pereira-Lopez) lief


Der Glanz von Berlin

D 2000/2001 – 89 Min. (2442 m) – 35 mm (1:1,85) – Farbe
Regie, Buch: Judith Keil, Antje Kruska. Kamera: Marcus Winterbauer, Susanna Salonen. Musik: Armin Janda, Peter Witzel. Ton: Ulla Kösterke, Frank Bubenzer, Ivonne Garber. Schnitt: Inge Schneider. Tonschnitt: Markus Böhm. Mischung: Stefan Rüdel. Produktionsleitung: Katrin Springer. Produzent: Jens Meurer. Producer: Bettina Haasen. Redaktion: Christian Cloos (Das kleine Fernsehspiel).
Mit Ingeborg Martinsson, Delia Pereira-Lopez, Gisela Weiß, Günther Weiß, Lothar Heinze, Kerstin Wendel, Familie Weiß, Gertrud Fieber, Lisa Slevoght, Celia Salvador.
Eine Produktion der Egoli Tossell Film AG in Koproduktion mit dem ZDF.

Erstverleih: Edition Salzgeber.

Uraufführung: 27. Oktober 2001, Hof (Internationale Hofer Filmtage).


Sauberhaben möchte es (fast) jeder. Aber die Menschen, die dafür sorgen, daß es sauber ist, werden wenig ge-, von manchen sogar verachtet. Liegt dies daran, daß Putzfrauen eben mit Schmutz zu tun haben? Oder rührt die weitverbreitete Geringschätzung dieses Berufs von der Vorstellung her, putzen könne doch jeder, und freiwillig würde diesen Beruf wohl niemand ausüben?

Auch die drei Frauen mittleren Alters, die Judith Keil und Antje Kruska in ihrem Dokumentarfilm „Der Glanz von Berlin“ portraitieren, sind zu diesem Metier nicht unbedingt mit Begeisterung gekommen.

Die Ur-Berlinerin Gisela, früher in einem Fleischwerk tätig, arbeitet in der Kolonne eines großen Gebäudereinigers und wienert frühmorgens unter anderem schicke Geschäfte in der Friedrichstraße. Daheim freilich kann sie den hohen Ansprüchen ihres seit jungen Jahren Angetrauten – eines mittlerweile pensionierten Kollegen, der mit feinem Pinsel die Schrankwand entstaubt – nicht gerecht werden.

Delia stammt aus gutbürgerlicher Familie in Argentinien und ist froh, daß diese nicht mehr miterlebt, daß sie ihr Geld mit dem Putzen von anderer Leute Wohnung verdient. Sie schätzt an dem Beruf, sich nicht dauernd herausputzen und ständig lächeln zu müssen, Zeit für ihre eigentliche Passion – das Malen – zu haben, und wahrt gegenüber ihren Kunden professionelle Distanz.

Die ebenso kultivierte wie disziplinierte Ingeborg schließlich mag gar nicht putzen, auch wenn sie dies am Ende unter der Aufsicht einer alten Dame tut. Nach drei desaströsen Ehen – in denen sie sich am Ende nur als billige Putzfrau ausgenutzt sah – braucht sie Geld. Die Suche nach einem neuen Partner scheint nichtsdestoweniger (neben jener nach dem Rezept für ein erfülltes Leben) zu ihren Hauptbeschäftigungen zu gehören.

Augenscheinlich legt Ingeborg großen Wert auf eine gepflegte Erscheinung und sehnt sich nach dem Schönen im Leben, wenn nicht gar nach Höherem: Am liebsten würde sie – mit Ende fünfzig – Sängerin werden. Delia träumte natürlich davon, von der Malerei leben zu können. Gisela und ihr Mann waren einst ambitionierte Tänzer.

So dreht sich denn dieser Film, der 2001 bei den Hofer Filmtagen und 2002 auf der Berlinale viel Aufmerksamkeit und Zuspruch erfuhr, gar nicht so sehr ums Putzen, von dem man nur wenig sieht und noch weniger erfährt. Und auch der Titel dieses sensiblen Portraits dreier Frauen ist doppeldeutig zu verstehen: Um glänzende Oberflächen und einen Blick hinter diese, auf die Menschen, die sie schaffen, geht es hier ebenso wie um deren Bemühen, „ein Glanz zu sein“, wie es Irmgard Keun in ihrem 1932 erschienenen epochalen Zeit- und Berlin-Roman „Das kunstseidene Mädchen“ nannte – herauszuragen aus dem grauen Alltagstrott, und sei es nur für einen Moment.

Auf DVD oder Blu-ray ist „Der Glanz von Berlin“ noch nicht verfügbar.

Unser Flyer zu dieser Rarität. Sie dürfen ihn gern herunterladen, ausdrucken, verteilen oder einrahmen und an die Wand hängen.

Mehr zu dem Film finden Sie hier und hier.

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J.G.

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Am 13. Februar 2017 um 18 Uhr lief, als Sonderprogramm zur Ausstellung Schloss.Stadt.Berlin. im Ephraim-Palais und in Kooperation mit dem Stadtmuseum Berlin, Herbert Maischs 1942 uraufgeführte Künstlerbiographie Andreas Schlüter.


Quellen der filmographischen Angaben: Filmlänge, Film- und Bildformat, Uraufführung, Erstverleih: http://www.filmportal.de/film/der-glanz-von-berlin_8d6b07513ed548779534c185a4685210 (besucht am 22.12.2016). Alle anderen Angaben: Originalvor- und abspann.

Bilder: Edition Salzgeber.