Berlin-Film-Katalog

(in Vorbereitung)

Rarität des Monats Februar 2019

Die Auswahl an Berlin-Filmen, die in den Kinos wie im Fernsehen läuft, wird immer kleiner. Das Filmbild der Stadt wird dementsprechend von immer weniger Werken geprägt. Und immer mehr Berlin-Filme, darunter auch bedeutende, geraten in Vergessenheit.

Deshalb und um zu zeigen, daß Berlin-Film-Katalog nicht nur auf Geld wartet, gibt es den Jour fixe des selten gezeigten Berlin-Films: Seit Juni 2012 wird jeweils am zweiten Montag im Monat im Brotfabrikkino eine Berlin-Film-Rarität präsentiert.

Vom 7.-13. Februar 2019 um 18 Uhr lief

Roman einer jungen Ehe

DDR 1951/1952 – 104 Min. (2824 m) – 35 mm (1:1,33) – Schwarzweiß  

Regie: Kurt Maetzig. Buch: Bodo Uhse, Kurt Maetzig, nach einer Idee von Kurt Maetzig. Kamera: Karl Plintzner. Bauten: Otto Erdmann, Franz Fürst. Komposition: Will­helm Neef. „Lied vom neuen Haus“: Prof. Ernst H. Meyer. Liedertexte und Gedicht „Stalinallee“: Kuba. Zitate aus Liedern von Blanter und Asriel. Es wirken mit: Erich-Weinert-Ensemble der Volkspolizei, Tanz-Ensemble der Deutschen Volks­bühne und Volkskunstgruppen der FDJ. Kostüme: Hans Kieselbach. Ton: Adolf Jansen. Mon­tage: Lena Neumann. Aufnahmeleitung: Werner Dau, Erwin Dräger. Regieassisten­ten: Günter Reisch, Heinz Bieber, Siegfried Hartmann. Masken: Kurt Aust

Darsteller: Yvonne Merin (Agnes Sailer), Hans-Peter Thielen (Jochen Karsten), Willi A. Kleinau (Dr. Ulrich Plisch), Hilde Sessak (Carla), Martin Hellberg (Möbius), Albert Garbe (Otto Dulz), Alfons Mühlhofer (Ernst Winkler), Waltraud Kogel (Astrid Kern), Brigitte Krause (Brigitte Dulz), Harry Hindemith (Burmeister), Horst Preussker (Jonas), Hanns Groth (Lutz Frank), Gisela Rimpler (Felicitas Bach), Friedrich Gnaß (Hotelportier), Egon Borsig (Standesbeamter), Alwin Lippisch (Regisseur Hartmann), Ursula von der Schmidt (Frau Hartmann), Gertrud Paulun (Zeugin im Schwurgericht),  Theo Shall (Staatsanwalt), Carlo Kluge (1. Verteidiger), Marianne Fahl (Rita Strobel), Ludwig Sachs (Gerichtsdiener), Arthur Schilsky (Amerikaner in der „Möwe“), Frede-Marie Dohna (BGL-Vorsitzende), Viola Recklies (Junges Mädchen in der VVN-Gruppe), Hans Rodenberg (Amerikanischer Regisseur), Robert Trösch (Aufnahmeleiter), Anna-Maria Besendahl (Garderobiere), Gustav Adolf Keune (1. Schauspieler am Westend-Theater), Conrad Pfennig (2. Schauspieler am Westend-Theater), Heino Winkler (3. Schauspieler am Westend-Theater), Lutz Götz (1. Versammlungs­teilnehmer), Walter Schramm (2. Versammlungsteilnehmer), Nico Turoff (3. Ver­samm­lungsteilnehmer), Eva Stechow (Versammlungsteilnehmerin)

Ein DEFA-Film. Produktionsleitung: Alexander Lösche.

Erstverleih: Progress.

Uraufführung: 18. Januar 1952, Berlin, Babylon und DEFA-Filmtheater Kastanien­allee)


Carl Zuckmayer ist ein Autor, der alten Nazis dient, was Sartre schreibt, eklig und gemein, und der „Tagesspiegel“ eine ganz schlimme Zei­tung. Angesichts all solchen Unrats im Westen Berlins kann sich die junge, auf­stre­ben­de Aktrice nur abwenden und dorthin ge­hen, wo das Wahre, Schöne, Gute herrscht: Im Osten, vor allem in der Stalin­allee, wo sie auf der Baustelle der Prachtmeile vor den Bauarbeitern eine Lobeshymne auf den „Vater aller Werk­tätigen“ dekla­miert.

Kurt Maetzig (1911-2012) wurde in den letzten Jahrzehnten seines Lebens gefeiert vor allem als Mitbegründer der DEFA, Schöpfer einer ihrer ersten Pro­duk­tionen („Ehe im Schatten“), Gründungsdirektor der Babelsberger Filmhochschule und Regisseur des Films „Das Kaninchen bin ich“, der 1965 von den Betonköpfen in der SED als Vorwand für eine Verbots­­welle und neue kulturelle Eiszeit benutzt wurde.

Gern übersehen wurde (und wird), daß kaum jemand in der DDR so eifrig, so kontinuierlich und so umfangreich Propaganda­spiel­filme verfertigte wie Maet­zig. „Roman einer jungen Ehe“, 1951 gedreht wäh­rend der ersten heftigen Pha­se des Kalten Kriegs, als der Stalinismus (nicht zu­letzt in Gestalt der „For­ma­­lis­mus“-Kampagne gegen moderne Kunst) auch in der DDR noch be­son­ders stark wütete, ist dafür ein prägnantes Beispiel. Seine Erstaufführung erlebte es im Januar 1952 am Tag des Richtfests eines anderen Propagandaprojekts: des (Wohn-) Hochhauses an der Weberwiese .

Gemäß der damaligen Doktrin der SED wird die Entwicklung im zerstörten, be­setz­­ten und bald gespaltenen Berlin zwischen 1946 und 1952 geschildert am Bei­spiel eines jungen Schauspielerehepaars: Die Frau erwärmt sich rasch für das einer herrlichen Zukunft entgegenstürmende „Friedenslager“ (also den Osten), derweil ihr Mann manch bittere Lektion lernen muß, bis auch er erkennt, daß im Westen nur Elend, Kulturlosigkeit und Kriegshetze (alles natürlich vorangetrieben von den niederträchtigen Amerikanern und ihren schmierigen Helfern) herrschen.

Die Handlung (das Drehbuch schrieb Maetzig zusammen mit dem Schriftsteller Bodo Uhse, der aus dem nordamerikanischen Exil zurückgekehrt war) bedient sich nicht nur einer groben Schwarzweißzeichnung mit hanebüchenen Ver­zer­­run­gen und anderen Übertreibungen, die die Fabel an die Grenze zur unfrei­willi­gen Komik bringen. Ihre Wirksamkeit wird auch gemindert durch die Haupt­darstellerin Yvonne Merin, die zwar (wie auch zeitgenössische Kritiker in der DDR andeuteten) bemerkenswert unbegabt war, allerdings mit Maetzig liiert.

Nicht nur die kommunistischem Wunschdenken entsprungene Vorstellung, im We­sten wäre nur Theater möglich, das der (längst auch vom Osten betriebenen) Wiederaufrüstung dient, erwies sich rasch als Unfug. Knapp andert­halb Jahre nach der Uraufführung zeigten am 16./17. Juni 1953 auch und gerade die Bauarbeiter der Stalinallee, was sie von der SED-Herrschaft hielten. 


Unser Flyer zu dieser Rarität. Sie dürfen ihn gern herunterladen, ausdrucken, verteilen oder einrahmen und an die Wand hängen.

Mehr zu dem Film hierhier und hier.












Quellen der filmographischen Angaben: Filmlänge, Filmformat, Bildformat, Darsteller und Rollenzuordnungen ab Gisela Rimpler: https://www.filmportal.de/film/roman-einer-jungen-ehe_b3177a77ef174100bd2b68b8b2903d19 (besucht am 18.1.2019) (https://www.defa-stiftung.de/filme/filmsuche/roman-einer-jungen-ehe/ [besucht am 30.1.2019] nennt als Länge 102 Minuten). Datum und Ort der Uraufführung: Berliner Zeitung vom 18.1.1952. Rollenzuordnungen: Progress-Filmillustrierte „Roman einer jungen Ehe“, die außerdem nennt: für Maske auch Johanna Schwamborn, Gustav Zander, für Standphotos Erich Kilian. Alle anderen Angaben: Originalvorspann

Bild: DEFA-Stiftung.